Unwirksame Befristung des Arbeitsvertrages bei dauerhaftem Arbeitskräftemehrbedarf

Ein sachlicher Grund, der die Befristung eines Arbeitsverhältnis nach § 14 I 2 Nr. 1 TzBfG (Teilzeitbefristungsgesetz) wegen vorüberegehendem Arbeitskräftemehrbedarf erlaubt, liegt nicht vor, wenn dem befristet beschäftigten Arbeitnehmer Daueraufgaben übertragen werden, die vom Stammpersonal wegen unzureichender Personalausstattung ohnehin nicht bewältigt werden können, BAG Urteil vom 17.3.2010, 7 AZR 640/08.

Der Fall:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Arbeitsvertragsbefristung. Die Klägerin war von der Beklagten im Arbeitsamt zwischen 2001 und 2006 wiederholt befristet angestellt worden. Zuletzt war die Befristung damit begründet worden, dass die Klägerin zusammen mit 6 weiteren Mitarbeiterinnen zur Abarbeitung aufgelaufener Rückstände bei der Bearbeitung von Widersprüchen benötigt würde. Mit Ihrer zum Ablauf der Befristung erhobenen Klage begehrte die Klägerin Feststellung der Unwirksamkeit der Befristung und Weiterbeschäftigung. Sie ist der Auffassung, dass der Befristungsgrund nur ein Vorwand gewesen sei, denn der Arbeitskräftebedarf in der Widerspruchsstelle habe nicht nur vorübergehend sondern dauerhaft bestanden. Das Arbeitsgericht (ArbG) hatte der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Sachsen hob das Urteil auf und wies die Klage ab.

Die Entscheidung:

Die Revision der Klägerin beim Bundesarbeitsgericht (BAG) war erfolgreich und führte zur Aufhebung des Berufungsurteils sowie zur Zurückverweisung an das ArbG. Die Feststellungen des LAG zum Befristungsgrund des vorübergehenden Arbeitskräftebedarfs, so dass BAG, tragen die Klageabweisung nicht.

Prinzipiell ist eine Befristung wegen vorübergehendem Arbeitskräftebedarf nach § 14 I 1 Nr. TzBfG möglich. Der vorübergehende Bedarf an Arbeitsleistungen kann dabei auf unterschiedlichen Sachverhalten beruhen.

So können in einer Arbeitsstelle für einen vorübergehenden Zeitraum zusätzliche Aufgaben anfallen die vom Stammpersonal nicht zu bewältigen sind. Der vorübergehende Personalbedarf kann auch auf einer vorübergehend übernommenen Sonderaufgabe beruhen. Es kann auch sein, dass im Bereich der Daueraufgaben vorübergehender Arbeitsanfall entsteht der vom Stammpersonal nicht zu schaffen ist. Eine Befristung nach § 14 I 1 Nr. 1 TzBfG kommt aber als Befristungsgrund dann nicht in Betracht, wenn der vom Arbeitgeber zur Begründung angeführte Zusatzbedarf an Arbeitsleistung tatsächlich nicht nur vorübergehend sondern objektiv dauerhaft besteht. Will der Arbeitgeber eine Befristung auf einen zeitlich begrenzten Arbeitskräftemehrbedarf stützen, hat er bei Vertragsschluss eine Prognose zu erstellen, der konkrete Anhaltspunkte zugrunde liegen müssen. Die Darlegungslast hierfür liegt beim Arbeitgeber. Der wirksamen Befristung nach § 14 I 1 Nr. 1 TzBfG steht es allerdings nicht entgegen, dass der Zusatzbedarf letztlich über die ursprüngliche Planung hinaus fortbesteht. Das bloße Nichteintreten der Bedarfsprognose wäre deshalb nicht geeignet, die Befristung in Frage zu stellen.

Weitere Wirksamkeitsvoraussetzung für die Befristung ist die Einstellung des Arbeitnehmers zur Deckung des temporären Arbeitskräftebedarfs. Dabei muss der befristet eingestellte Mitarbeiter nicht zwingend im Bereich der Zusatzaufgaben eingesetzt werden. Es genügt, wenn ein vom Arbeitgeber allerdings darzulegender ursächlicher Zusammenhang zwischen temporärem Bedarf und befristeter Einstellung besteht.

Diese Grundsätze hatte das LAG in seiner Entscheidung nicht ausreichend berücksichtigt, denn ausreichende Feststellungen zur hinreichenden Arbeitgeberprognose des nur temporären Anfallens  zusätzlicher Arbeitsaufgaben waren vom LAG nach Ansicht des BAG nicht getroffen worden.

 Die Entscheidung erwies sich auch nicht im Ergebnis nach § 1 I 1 Nr. 7 TzBfG als richtig. Eine wirksame Befristung unter Verweis auf nur vorübergehend verfügbare zusätzliche Haushaltsmittel lag nicht vor. Die bloße Ungewissheit des Arbeitgebers über die künftige haushaltsrechtliche Entwicklung und die damit einhergehende finanzielle Ausstattung der Behörde genügen hierfür nicht. Eine wirksame an die Verfügbarkeit von zusätzlichen Haushaltmitteln geknüpfte Befristung des Arbeitsvertrages kommt nur in Betracht, wenn der befristet eingestellte Arbeitnehmer aus einer konkreten Haushaltstelle vergütet wird, die von vornherein nur für eine bestimmte Zeitdauer bewilligt worden ist und anschließend fortfallen soll (BAGE 92, 121). In einem solchen Fall kann nämlich davon ausgegangen werden, dass der Haushaltgesetzgeber sich mit den Verhältnissen der betreffenden Arbeitsstelle befasst hat und zu dem Schluss gekommen ist, dass für die Beschäftigung eines Mitarbeiters auf diesem Posten nur ein vorübergehender Bedarf besteht. Daran fehlte es hier.

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