Einbau von Stahl – Aufmaß der Stahlmengen kann nicht gefordert werden!

Kategorien
Baurecht

Hat ein Auftragnehmer nach Bewehrungsplänen Stahl eingebaut, dann kann der Auftraggeber die eingebauten Stahlmengen nicht mehr bestreiten, wenn er betoniert hat und sich die Stahlmengen nicht mehr durch ein Aufmaß feststellen lassen.

Das hat das Landgericht Chemnitz mit Urteil vom 20.12.2019 – 3 S 15/19 – klargestellt.

Die Sachverhaltskonstellation: Der Kläger fordert restlichen Werklohn für Stahlbauarbeiten an einem Brückenbauwerk. Die Vertragsparteien sind so vorgegangen, dass der AN abschnittsweise Stahl nach Bewehrungsplänen einbaute und der AG anschließend betoniert hat. Ebenso abschnittsweise hat der Stahlbauer seine Rechnungen gestellt, die der AG – bis auf die letzte Rechnung – bezahlte. Bei der letzten Teilrechnung nahm der AG Abzüge wegen Verzugs und angeblicher Mängel vor. Im Prozess änderte der AG seine Strategie. Die Gegenforderung wegen Verzugs und Mängeln ließ er fallen. Stattdessen hat er die eingebauten Stahlmengen bestritten. Er rügte das fehlende Aufmaß.

Das LG Chemnitz hat das Bestreiten der eingebauten Stahlmengen nicht gelten lassen.

Bei Stahlbauarbeiten ist es nicht unüblich, die Stahlmengen nach den Bewehrungsplänen abzurechnen, obwohl bei einem Einheitspreisvertrag der Nachweis der Mengen und Massen über ein Aufmaß erfolgt.

Das Bestreiten der eingebauten Stahlmengen war rechtsmissbräuchlich. Denn ein Auftraggeber, der weiß, dass ein nachträgliches Aufmaß nicht mehr möglich ist, täuscht seinen Vertragspartner über seine Erfüllungsbereitschaft. Der Stahlbauer durfte nach den Umständen darauf vertrauen, dass Einwendungen zum Umfang der Leistung nicht erhoben werden.

Interessant war ein Nebenaspekt: Das Gericht hat die einzelnen Abrechnungen als Teilschlussrechnungen nach § 16 Abs. 4 VOB/B für in sich abgeschlossene Teile angesehen. Die Voraussetzungen waren erfüllt. Die Teilleistungen waren in sich abgeschlossen. Die Funktions- und Gebrauchsfähigkeit der Teilleistungen kann unabhängig von weiteren Leistungen erschöpfend beurteilt werden. Ferner war der Preis für die anteilige Leistung ohne Weiteres bestimmbar.

Praxishinweis: Der Einwand, der Stahlbauer hätte den Umfang seiner Leistung nicht nachgewiesen, ist treuwidrig. Auf ein fehlendes Aufmaß kann sich der AG nicht berufen. Aber Vorsicht: Die Rechtsprechung zum Nachweis der Stahlmengen kann nicht verallgemeinert werden. Grundsätzlich gilt, dass Abschlagsrechnungen keine Anerkennungswirkung haben. Der Unterschied zu Stahlbauarbeiten besteht aber darin, dass in anderen Fällen ein nachträgliches Aufmaß noch möglich ist.

Weitere Beiträge aus dieser Rubrik

RA Zunft

Schreibe einen Kommentar