Leitungsrechte aufgrund § 9 Grundbuchbereinigungsgesetz (GBBerG): Duldungspflichten, Entschädigung, Verjährung

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I. Was sind die rechtlichen Grundlagen?

Das Grundbuchbereinigungsgesetz (GBBerG) ist am 25.12.1993 in Kraft getreten.

Durch dieses Gesetz hat der Gesetzgeber für am 03.10.1990 vorhandene Leitungen und Anlagen beschränkte persönliche Dienstbarkeiten an Grundstücken begründet, auf denen sich diese Leitungen oder Anlagen befinden. Begünstigt von der gesetzlichen Regelung waren die Eigentümer der Leitungen und Anlagen, also Versorgungsunternehmen.

In einem ersten Schritt entstanden mit dem Inkrafttreten am 25.12.1993 zunächst Grunddienstbarkeiten an Leitungen zur Versorgung mit Elektrizität, Gas und Fernwärme. Später hat der Gesetzgeber den Umfang des GBBerG ausgeweitet. Ab dem 11.01.1995 kamen die Versorgungsleitungen für Wasser und Abwasser hinzu. Ein weiterer Stichtag ist der 01.08.1996 für eine nochmalige Ausweitung für die sonstigen Leitungen. Betroffen davon waren die Telekommunikationsanlagen der Deutschen Post und Versorgungsanlagen der früheren Reichsbahn.

Vor dem Inkrafttreten des GBBerG konnten Grunddienstbarkeiten zugunsten der Versorger kraft Gesetzes nicht entstehen. Nach dem Inkrafttreten des GBBerG waren Grunddienstbarkeiten ausgeschlossen, wenn Anschlussverträge mit dem Grundstückseigentümer bestanden (§ 9 Abs. 2 GBBerG). In diesen Fällen waren die Versorger hinreichend durch die Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Gas (AVBGasV) oder für Fernwärme (AVBFernwärmeV) oder für Strom (AVBEltV, jetzt Niederspannungsanschlussverordnung – NAV) abgesichert, nach denen die Grundstückseigentümer jeweils Energieanlagen dulden mussten.

Das Entstehen einer Grunddienstbarkeit kraft Gesetzes stellte einen Systembruch dar. Nach herkömmlichen zivilrechtlichen Regeln konnte eine Grunddienstbarkeit nur durch eine Vereinbarung entstehen. Der Gesetzgeber sah sich zu dieser besonderen Vorgehensweise veranlasst, weil nach Schätzungen von rund drei Millionen betroffenen Grundstücken die Rede war. Bei der angenommenen Vielzahl der Grundstücke wäre es für die Versorger nicht möglich gewesen, innerhalb angemessener Zeit mit allen betroffenen Grundstückseigentümern eine Verständigung zu finden. Allerdings hat sich im Nachhinein herausgestellt, dass die Schätzungen wohl übertrieben waren.

Die Voraussetzungen für das Entstehen einer Grunddienstbarkeit waren denkbar gering. Die einzige Voraussetzung war, dass die Leitung am 03.10.1990 genutzt wurde. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Leitung oder die Anlage nach 1945 angelegt wurde oder schon vorher bestand. Insoweit besteht ein Unterschied zu dem Verkehrsflächenbereinigungsgesetz (VerkFlBerG).

 

II. Was war das Besondere am GBBerG? Antwort: Die Aushebelung des Gutglaubensschutzes bis zum 31.10.2010

Durch das gesetzliche Entstehenlassen einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit wurden mit einem Schlag alle Grundbücher der betroffenen Eigentümer falsch. Das Grundstück, auf dem eine Versorgungsleitung verlief, war mit einer Grunddienstbarkeit belastet. Diese Grunddienstbarkeit war aber im Grundbuch nicht eingetragen.

Das gesetzliche Entstehenlassen einer Grunddienstbarkeit hat zu einer großen Verwirrung geführt. Denn die meisten Eigentümer wussten nicht, dass ihr Grundstück mit einer Dienstbarkeit belastet ist. In aller Regel haben die Eigentümer erst dann von der Grundstückslast erfahren, wenn sie eine Änderungsmitteilung über das Grundbuchamt erhalten hatten. Von den Versorgern wurden die Eigentümer nach den Erfahrungen in der Praxis – man muss annehmen aus wohlkalkulierten Gründen – nicht informiert.

Weil also die Grundbücher falsch waren und die meisten Betroffenen davon keine Kenntnis hatten, bestand für die Versorger die große Gefahr, dass sie bei einer Grundstücksübertragung die zu ihren Gunsten bestehende Grunddienstbarkeit verlieren konnten. Denn nach den Regeln des Zivilrechts besteht eine gesetzliche Vermutung für die Richtigkeit des Grundbuchs (§ 891 BGB). Folge des öffentlichen Glaubens an die Richtigkeit des Grundbuchs ist, dass sich ein Erwerber darauf berufen kann (§ 892 BGB). Er erwirbt das Grundstück lastenfrei, wenn die Grundschuld nicht eingetragen ist und er von der Existenz der Grundschuld keine Kenntnis hat.

Um für die Versorger diesen Rechtsverlust zu vermeiden, hat der Gesetzgeber ein weiteres Mal in die „Trickkiste gegriffen“. Er hat den gesetzlich gesicherten Schutz des guten Glaubens an der Richtigkeit des Grundbuchs ausgesetzt (§ 9 Abs. 1 Satz 2 GBBerG). Das bedeutete, dass der Erwerber eines Grundstücks das Grundstück mit der Belastung erworben hatte, ohne dass er diese Belastung kannte oder kennen konnte. Anders formuliert: Die Versorger können auch einem ahnungslosen Grundstückserwerber die Grunddienstbarkeit entgegenhalten. Auf den guten Glauben an die Richtigkeit des Grundbuchs (§ 892 BGB) konnte sich der Erwerber nicht berufen. Der Gesetzgeber hatte den seit 1896 gelten Schutz des guten Glaubens an die Richtigkeit des Grundbuchs ausgehebelt.

Allerdings hat der Gesetzgeber die Aushebelung des Gutglaubensschutzes zeitlich befristet. Die Frist lief am 31.12.2010 aus.

Ab dem 01.01.2011 konnten also Grundstücke wieder lastenfrei übertragen werden, wenn bis zu diesem Zeitpunkt nicht die Grunddienstbarkeit im Grundbuch eingetragen oder nicht wenigsten der Antrag des Versorgers auf Berichtigung des Grundbuchs bei der zuständigen Landesdirektion gestellt war.

Der gutgläubige lastenfreie Erwerb ist auch in einer ganzen Reihe von Fällen geschehen. Meistens waren das Fälle, in denen die Versorger schlicht übersehen hatten, dass ihnen eine Grunddienstbarkeit zustand oder sie haben es „vergessen“, die Grunddienstbarkeit eintragen zu lassen. Auch solche Fälle gab es.

Bei der Gutgläubigkeit kommt es übrigens nicht auf die Kenntnis des Veräußerers an. Entscheidend ist, ob der Erwerber Kenntnis von der – nicht eingetragenen – Grunddienstbarkeit hat. Hat er keine Kenntnis erwirbt er lastenfrei. Und: Den Beweis, dass ein Erwerber Kenntnis von dem Leitungsrecht hatte, muss der Versorger führen. Dieser Beweis dürfte in der Praxis kaum zu führen sein.

Zwischenfazit: Hat nach dem 31.12.2010 ein gutgläubiger lastenfreier Erwerb stattgefunden, war für die Versorger die Grunddienstbarkeit weg.

Wegen der drohenden Gefahr eines Rechtsverlustes infolge eines lastenfreien Erwerbes war zu beobachten, dass die Versorger im Jahr 2010 und in den Jahren zuvor besonders aktiv gewesen sind. Gerade im Jahr 2010 sind noch eine Vielzahl von Anträgen auf Berichtigung der Grundbücher bei den zuständigen Landesdirektionen gestellt worden.

 

III. Was passiert, wenn die Versorger die Frist des 31.12.2010 haben verstreichen lassen?

Der Ablauf der Frist zum 31.12.2010 bedeutete nicht, dass die Dienstbarkeit automatisch am 01.01.2011 erloschen ist und der Grundstückseigentümer die Entfernung der Leitung verlangen kann, wenn sie nicht im Grundbuch eingetragen war.

Die Stichtagsregelung des 31.12.2010 hatte „nur“ den Wiedereintritt des Gutglaubensschutzes bei einem Grundstückserwerb zur Folge. Nur derjenige, der ab dem 01.01.2011 ein Grundstück lastenfrei erworben hat, musste die Leitung aufgrund einer Dienstbarkeit nicht dulden.

Nach dem Ablauf des 31.12.2010 konnten die Versorger weiterhin Anträge auf Grundbuchberichtigung nach dem GBBerG stellen. Von dieser Möglichkeit haben die Versorger auch in vielen Fällen Gebrauch gemacht. Sie tun es bis heute.

Die Versorger werden auch weiterhin von der Möglichkeit einer Grundbuchberichtigung Gebrauch machen, wenn sie feststellen, dass einzelne Versorgungsleitungen, die unter das GBBerG fallen, nicht mit Grunddienstbarkeiten gesichert sind. Zu beobachten ist, dass die Versorger mit ihrem späten Antrag auch eine Information an die Eigentümer verbinden. Grund dafür könnte sein, dass unterbunden werden soll, dass noch schnell vor einer Eintragung eine lastenfreie Eigentumsübertragung zustande kommt.

Für die Eigentümer taucht regelmäßig die Frage auf, ob denn die Versorger noch nach dem 31.12.2010 den Antrag auf Berichtigung des Grundbuchs stellen dürfen. Die Antwort lautet: Ja.

 

IV. Was passiert, wenn nach dem 31.12.2010 ein Eigentümerwechsel stattgefunden hat?

Der Erwerber konnte das Grundstück gutgläubig lastenfrei erwerben. Das heißt, für den Erwerber galt das Grundbuch als richtig, obwohl es falsch war. Er durfte sich aber auf die Richtigkeit des Grundbuchs verlassen. Das ist der Gutglaubensschutz des Grundbuchs.

Die Konsequenz für die Versorger ist, dass diese kein Leitungsrecht mehr nach dem Grundbuchbereinigungsgesetz haben. Anders formuliert: Die Eigentümer müssen die Leitungen auf ihrem Grundstück nicht mehr dulden. In der Regel versuchen die Versorger dann mittels einer Verständigung zu einer vertraglichen Grunddienstbarkeit zu kommen.

Die Preisgestaltung ist dann natürlich eine andere. Denn ein Eigentümer ist nicht lediglich auf eine – teils lächerlich niedrige – Entschädigung verwiesen. Er schließt die Vereinbarung über die Begründung der Grunddienstbarkeit nur dann, wenn ein ausgewogenes Preis-Leistungs-Verhältnis zustande kommt.

Sollte keine Verständigung zustande kommen und nicht anderweitig eine Duldungspflicht bestehen (zum Beispiel für Eigentümer, die zugleich Anschlussnehmer sind nach den AVBs), kann der Eigentümer verlangen, dass die Leitung entfernt wird.

In diesen Fällen müssen sich die Versorger anders behelfen, etwa über Notleitungsrechte. Für Notleitungsrechte müssen aber Renten gezahlt werden. Hier kann es also für Versorger zu erheblichen Problemen kommen.

 

V. Welche Rechte hat der Grundstückseigentümer?

Der Grundstückseigentümer hat einen Anspruch auf Entschädigung.

Die Entschädigung ist in § 9 Abs. 3 GBBerG geregelt. Die Entschädigungsregelung ist verfassungsrechtlich zwingend geboten, weil die Begründung einer Grunddienstbarkeit ohne oder gar gegen den Willen des Grundstückseigentümers einem enteignungsähnlichen Eingriff gleich kommt. Ohne eine gleichzeitige Entschädigungsregel ist jeder enteignungsähnliche Eingriff verfassungswidrig.

 

VI. Wer erhält die Entschädigung?

Anspruchsberechtigt ist derjenige, der zu dem jeweiligen Stichtag Eigentümer des Grundstücks war (OLG Dresden, Urteil vom 26.05.2004 – 6 U 2231/03). Dabei sind unterschiedliche Stichtage zu berücksichtigen. Für Leitungen der Energieversorgung ist der 25.12.1993 maßgebend, für die wasserwirtschaftlichen Anlagen der 11.01.1995 und für Anlagen der Telekommunikation und der Deutschen Bahn der 01.08.1996.

Für jemanden, der eine Wasser-, Abwasser- und/oder Niederschlagswasserleitung zu dulden hat, ist also der 11.01.1995 der maßgebliche Stichtag. Zu diesem Zeitpunkt muss er Eigentümer gewesen sein.

Sollte der aktuelle Eigentümer mit dem Stichtags-Eigentümer nicht identisch sein, muss sich der aktuelle Eigentümer, wenn er einen Entschädigungsanspruch geltend machen will, den Anspruch von dem Berechtigten abtreten lassen oder in sonstiger Weise den Forderungsübergang (z.B. durch Erbfolge) nachweisen. Ein aufmerksamer Notar wird in aller Regel eine Abtretung von Entschädigungsansprüchen nach GBBerG bei dem notariellen Kauf- oder Schenkungsvertrag gleich mitbeurkunden. Manchmal lässt sich die Abtretung nur schlecht nachholen, zum Beispiel wenn der Erwerb von einer Gesellschaft (z.B. GmbH) erfolgt, die später insolvent geworden ist.

 

VII. Welcher Stichtag gilt für die Bemessung der Entschädigung?

Es ist geklärt, dass sich die Bemessung der Entschädigung nach dem Stichtag des Inkrafttretens des Gesetzes richtet (OLG Brandenburg, Urteil vom 27.11.2008 – 5 U 171/07). Für elektrische Leitungen beispielsweise war das der 25.12.1993.

Für die Bemessung ist also nicht der Zeitpunkt der Eintragung maßgeblich. Hier hatte eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes aus dem Jahr 2003 (BGH, Urteil vom 28.11.2003 – V ZR 129/03) für Verwirrung gesorgt, weil der BGH für die Entschädigung „die heutigen Grundstückswerte“ als maßgeblich bezeichnete. Diese Entscheidung ist aber revidiert worden, so dass heute unstreitig ist, dass der maßgebliche Stichtag für die Bestimmung der Entschädigung der Enteignungseingriff ist. Der enteignungsähnliche Eingriff erfolgt direkt durch das Gesetz. Also kommt es darauf an, wann das Gesetz in Kraft getreten ist.

 

VIII. Wie hoch ist die Entschädigung?

Der Streit über die Höhe der Entschädigung ist ein Dauerbrenner.

Die Erfahrung zeigt, dass die Angebote der Versorger und die Ansprüche der Berechtigten extrem weit auseinanderliegen. Dafür liegen eine Vielzahl von Beispielen vor (z.B. LG Erfurt, Urteil vom 18.06.2010 – 7 O 1308/08: zugesprochene Entschädigung: 160.000,00 €, vom Versorger angebotene Entschädigung: 3.250,55 €).

Es fällt auf, dass die Versorger stets nach demselben Schema verfahren: Sie legen die Länge der Versorgungsleitung zugrunde und berechnen in der Regel einen fiktiven Schutzstreifen. Bei in der Erde verlegten Stromleitungen beträgt der fiktive Schutzstreifen üblicherweise 1,5 m zu jeder Seite, also insgesamt 3,0 m. Bei Überlandstromleitungen wird auch schon mal ein größerer Schutzstreifen zugrunde gelegt. Es gibt aber auch Fälle, in denen bei Stromleitungen kein Schutzstreifen anerkannt wird.

Aus der Länge der Leitung und der Breite des Schutzstreifens wird eine Gesamtfläche gebildet. Die so gebildete Gesamtfläche wird dann meistens mit 10 % des Bodenrichtwertes bewertet. In Ausnahmefällen – bei sehr intensiver Beeinträchtigung – haben die Versorger auch schon 20 % des Wertes des Schutzstreifens angeboten. Meistens bietet der Versorger die Entschädigung in einer schriftlichen Vereinbarung, mit der dann alle weiteren Ansprüche ausgeschlossen werden, an.

Diese so von mir bezeichnete „Schutzstreifen-Theorie“ führt nur dann zu angemessenen Ergebnissen, wenn eine Leitung am Grundstücksrand liegt und dort zu keiner Störung der Grundstücksnutzung führt.

Anders ist es, wenn eine Leitung den Wert des Grundstücks praktisch gänzlich zu Nichte macht. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn eine Elektroleitung im Erdreich quer durch ein Baugrundstück verläuft. In dem Fall ist der Wert eines Baugrundstücks gänzlich reduziert auf den Wert einer Wiese.

Von einem kompletten Wertverlust ging das Landgericht Erfurt in der oben zitierten Entscheidung aus. Dabei handelte es sich um ein Villengrundstück, über das eine Überlandstromleitung verlief (LG Erfurt, a. a. O.).

Die Gleichung lautet nach meiner Ansicht wie folgt: Wert des unbelasteten Grundstücks – Wert des belasteten Grundstücks = Entschädigung. Zu dieser Wertermittlung gibt es inzwischen gerichtliche Entscheidungen.

 

IX. Wie bekomme ich die Entschädigung?

Die Erfahrung zeigt, dass die Eigentümer nur dann eine angemessene Entschädigung erhalten, wenn sie eine Entschädigung einfordern. Das heißt, die Eigentümer müssen direkt an die Versorger herantreten und eine Entschädigung verlangen. Nur in diesen Fällen reagieren die Versorger.

Die Fälle, in denen die Versorger von sich aus den Eigentümern eine Entschädigung anbieten, sind praktisch nicht vorgekommen. Aus internen Quellen ist bekannt, dass eine Vielzahl der Versorger die Rückstellungen, die für Entschädigungen aufgebracht werden mussten, über 20 Jahre seit Geltung des Gesetzes nicht gebildet haben. Manche Zweckverbände kämpfen gegen ihre Zahlungsunfähigkeit.

In unzähligen Fällen haben die Versorger überhaupt keine Entschädigung geleistet, vermutlich in der Hoffnung, sich zu gegebener Zeit auf den Einwand der Verjährung berufen zu können.

Fazit: Wer nichts verlangt, bekommt nichts.

 

X. Wann verjährt der Entschädigungsanspruch?

Für alle Entschädigungsansprüche, die bis zum 31.12.2010 eingetragen sind, verjähren die Entschädigungsansprüche am 31.12.2014. Für sehr viele Entschädigungsansprüche droht also am Ende des Jahres 2014 die Verjährung.

Es ist folgendes klarzustellen: Nur derjenige erhält eine Entschädigung, der eine Entschädigung fordert! Wer keine Entschädigung fordert, erhält in aller Regel nichts.

Für Eigentümer, bei dem nach dem 31.12.2010 die Grundbuchberichtigung vorgenommen wurde, gilt die allgemeine Verjährungsregel. Die allgemeine Verjährungsregel beträgt drei Jahre. Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Eigentümer Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen erlangt hat. Kenntnis erlangt der Eigentümer in aller Regel durch die Mitteilung des Grundbuchamtes über die Eintragung der Grunddienstbarkeit.

Wenn also im Jahr 2012 aufgrund eines Antrages eine Grunddienstbarkeit eingetragen wurde, beginnt die Verjährung am 01.01.2013 und läuft am 31.12.2015 ab. Wird im Jahr 2014 eine Grunddienstbarkeit eingetragen, verjährt der Entschädigungsanspruch am 31.17.2017.

 

XI. Was gibt es sonst an Besonderheiten?

1. Zwangsversteigerung
Hier gelten keine, von einem Kaufvertrag abweichende Besonderheiten. Das heißt, bis zum Stichtag 31.12.2010 konnte in der Zwangsversteigerung nur ein belastetes Grundstück erworben werden. Ab dem 01.01.2011 erfolgte der Erwerb lastenfrei.

2. Keine Nutzung im Zeitpunkt des Stichtages (OLG Dresden)
Nach Ansicht des Oberlandesgerichts Dresden (OLG Dresden Urteil vom 27.06.2002 – 21 U 864/00) entsteht eine Grunddienstbarkeit nicht, wenn eine Mitbenutzung, wie sie am 03.10.1990 ausgeübt wurde, im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der Sachenrechts-Durchführungsverordnung nicht mehr vorlag.

3. Verzicht auf Grunddienstbarkeit möglich
Die Versorger können auf die Grunddienstbarkeit verzichten. Auf diese Weise können sie sich einer Entschädigung entziehen. In der Praxis spielen diese Fälle kaum eine Rolle. Die Einzelheiten sind in § 9 Abs. 6 GBBerG geregelt.

4. Keine Grunddienstbarkeit bei Bestehen anderweitiger Duldungspflicht
Eine Dienstbarkeit kraft Gesetzes ist nach § 9 Abs. 2 GBBerG ausgeschlossen, wenn Kunden und Anschlussnehmer, die Grundstückseigentümer sind, nach den Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Strom (AVBEltV) oder Gas (AVBGasV) oder Wasser (AVBWasserV) zur Duldung der Energieanlagen verpflichtet sind (BGH, Urteil vom 24.02.2006 – V ZR 145/05).

5. Unübertragbarkeit für Dienstbarkeiten gilt für Versorger nicht
Der Grundsatz, dass beschränkte persönliche Dienstbarkeiten nicht übertragbar sind, gilt für öffentliche Versorgungsleitungen nicht (§ 1092 Abs. 3 BGB).

6. Anschlussbeitragspflicht und gesetzliche Grunddienstbarkeit
Die kommunalabgabenrechtliche Beitragspflicht für einen Anschlussnehmer entsteht erst dann, wenn die Inanspruchnahme Versorgungsanlage dauerhaft gesichert ist. Das ist nicht der Fall, wenn eine Grunddienstbarkeit zwar (gesetzlich) entstanden ist, aber wieder wegfallen kann, beispielsweise bei einem Verzicht. Voraussetzung für die kommunalabgabenrechtliche Beitragspflicht ist also, dass die Grunddienstbarkeit im Grundbuch eingetragen ist. Erst dann ist die Versorgungsanlage dauerhaft gesichert (VG Magdeburg, Urteil vom 17.01.2007 – 9 A 282/05 für Schmutzwasserbeitrag).

 

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