Zur Befugnis des behandelnden Arztes für die Beauftragung von teuren Laboruntersuchungen auf Kosten des Patienten

Die Befugnis des Arztes, mit dem beim Patienten entnommenen Blut teure Laboruntersuchungen auf dessen Kosten zu veranlassen, richtet sich danach, was für eine medizinisch notwendige Versorgung des Patienten geboten ist, § 1 II 1 GOÄ, (BGH Urteil vom 14.01.2010 – III ZR 173/09).

Der Fall: Der klagende Laborarzt verlangte vom privat versicherten Patienten. ca. 5.400,00 € für Blutuntersuchungen (insbesondere Gentests zur Abklärung des Diabetestyps). Der behandelnde Arzt des Patienten hatte dem Laborarzt im Namen des Patienten hierzu per Überweisungsschein den Auftrag erteilt. Der Patient zahlte nicht, weil seine Krankenkasse die Kostenübernahme verweigerte. Die Kasse meinte, man habe bereits die Kosten für entsprechende Statusuntersuchungen des zuvor behandelnden Arztes getragen. Die abgerechnete Laboruntersuchung sei medizinisch überflüssig. Der Patient berief sich im Prozess darauf, er habe seinem Arzt keine Vollmacht für die abgerechneten Gentests erteilt. Er habe auch nicht gewusst, dass Gentests durchgeführt werden sollen. Der Patient war zunächst zur Zahlung verurteilt worden. Seine Revision führte zur Urteilsaufhebung und Zurückverweisung.

Die Entscheidung: Das OLG hatte argumentiert, mit Gestattung der Blutentnahme erlaube der Patient dem Arzt auch stillschweigend Laboruntersuchungen durchzuführen bzw. von einem spezialisierten Laborarzt im Namen und auf Rechnung des Patienten durchführen zu lassen. Der Umfang der auf Kosten des Patienten zu beauftragenden Untersuchungen richte sich im Zweifel danach, was der Arzt für seine weitere sachgerechte Behandlung als medizinisch erforderlich erachten durfte. Darauf darf der beauftragte Laborarzt vertrauen. Die Vollmacht sei hier auch nicht ausnahmsweise eingeschränkt, weil für den Arzt die Möglichkeit bestand, beim Vorbehandler nach bereits erhobenen Befunden zu fragen. Dies ließ der BGH nicht gelten. Nach § 1 II 1 GOÄ darf ein Arzt nur medizinisch notwendige Behandlungen abrechnen. Zusätzliche Leistungen darf er nur abrechnen, wenn sie auf besonderes Verlangen des Patienten erbracht werden. Da der Patient meist nicht abschätzen kann, was medizinisch notwendig ist und was nicht, muss der Arzt auf die ggf. fehlende Notwendigkeit gewünschter Behandlungen hinweisen. Zu bereits durchgeführten Behandlungen hat der Arzt den Patienten zu befragen. Wenn der Arzt selbst ohne Hinweis keine nicht notwendigen Behandlungen abrechnen darf, so darf er auch nicht einfach davon ausgehen, dass der Patient ihm stillschweigend die Erlaubnis erteilt, mit solchen unnötigen Leistungen seine Kollegen auf Kosten des Patienten zu beauftragen. Die vom Patienten seinem Arzt fehlerfrei erteilte Vollmacht muss der Laborarzt im Gebührenprozess beweisen, auch wenn er selbst gar keine Hinweise dafür hatte, dass die laut Überweisungsschein gewünschte Untersuchung evtl. medizinisch überflüssig ist.

Anmerkung: Dem beauftragten Laborarzt ist in Gebührenstreitigkeiten, wo er auf die Angaben des beauftragenden / überweisenden Arztes angewiesen ist, dringend die Streitverkündung gegen den Berufskollegen anzuempfehlen. Fehlte dem vermeintlich Bevollmächtigten wegen mangelnder Aufklärung die Vollmacht, so haftet er im Zweifel dem Beauftragten nämlich selbst. Für den behandelnden Arzt bedeutet dies, dass er umfassend aufklären und bereits erhobene Voruntersuchungen abklären muss, wenn er nicht am Ende selbst für überflüssige Doppeluntersuchungen haften will. In Fällen, wo sich der Patient bzw. seine Krankenkasse bei Abrechnung darauf beruft, es handle sich um überflüssige Doppeluntersuchungen, ist auch zu prüfen, ob und inwieweit mit dem fortschreitenden Erkrankungsprozess ggf. die erneute Untersuchung als medizinisch indiziert doch gerechtfertigt werden kann.

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