Aufklärungsobliegenheit, Keine Kaskozahlung bei falschen Angaben zur Laufleistung

Der Umstand, dass ein Versicherungsnehmer mehrfach falsche aber offenbar aufeinander abgestimmte Angaben machte, rechtfertigt den Vorwurf der Versicherung, dass er die Angaben ganz bewusst falsch gemacht hat, um die Versicherung arglistig zu täuschen, KG, Beschluss vom 13.02.2009 – 6 U 203/08.

Der Fall:

Der Kläger hatte nach einem Schaden seine Kaskoversicherung in Anspruch nehmen wollen, und im Frageformular der Versicherung wahrheitswidrig die Laufleistung des Fahrzeuges mit 120.000 km angegeben, obwohl das Kfz tatsächlich deutlich über 200.000 km Laufleistung gehabt haben muss. Der Versicherer hatte parallel Nachforschungen nach regulierten Vorschäden angestellt und u.a. ein Schadengutachten aus einem anderen Schadenfall beigezogen, in dem die Laufleistung vom Sachverständigen damals mit abgelesen 6.470 km und insgesamt geschätzt 204.000 km angegeben war. Der Versicherer berief sich auf Leistungsfreiheit wegen vorsätzlicher Falschangabe der Gesamtfahrleistung, § 7 I Nr. 2 S. 3 AKB i.V.m. § 7 V Nr. 4 AKB i.V.m. § 6 III VVG und zahlte nichts. In seiner Zahlungsklage bestritt der Kläger vorsätzlich falsche Angaben zur Laufleistung gemacht zu haben, außerdem meinte er, dass die Falschbeantwortung der Frage nach der Laufleistung gar nicht regulierungserheblich geworden sei, weil der Versicherer bereits zuvor aus dem beigezogenen Gutachten zum Vorschaden Kenntnis von der tatsächlichen Laufleistung hatte. Die Klage hatte keinen Erfolg.

Entscheidung:

Auch die Berufung blieb erfolglos. Zu Recht wirft die Versicherung dem Kläger die vorsätzliche Falschbeantwortung von regulierungsrelevanten Fragen vor. Die Versicherung musste auch nicht vorsorglich nochmals beim Kläger nachfragen. Eine Nachfrageobliegenheit bestand aufgrund der eindeutig und unmissverständlich formulierten Frage im Erstformular nicht.

Im Übrigen durfte die Versicherung davon ausgehen, dass der Kläger, der offensichtlich wiederholt falsche und aufeinander abgestimmte unrichtige Angaben zur Laufleistung gemacht hatte, vorsätzlich und in Täuschungsabsicht handelte um sich einen ungerechtfertigten Vermögensvorteil zu verschaffen. Das ist insbesondere immer dann anzunehmen, wenn der Versicherungsnehmer mit falschen Angaben die Regulierungssumme zu beeinflussen versucht. Das gilt beim Täuschungsversuch mit falschen Angaben zum Zeitwert der versicherten Sache ebenso wie bei falschen Angaben zu sog. Wertbildenden Faktoren. Zu den sog. wertbildenden Faktoren zählt bei Kfz auch die Laufleistung bei Schadeneintritt.

Die Falschbeantwortung der Fragen ist auch regulierungserheblich. Der Versicherung mögen zwar aus beigezogenen Gutachten zu Vorschäden Anhaltspunkte für die Laufleistung des Pkw vorgelegen haben, dies ersetzt allerdings nicht die sichere Kenntnis der tatsächlichen Laufleistung, die zu gewinnen, Ziel der Frage der Versicherung nach der Laufleistung war.

Anmerkung:

Versicherungen verstehen bei Falschangaben im Schadenformular keinen Spaß. Wer hier glaubt, mit ein wenig „Schummelei“ ein bisschen mehr rausholen zu können, der läuft nicht nur Gefahr, am Ende gar nichts zu bekommen, sondern der kann ganz schnell auch noch ein Strafverfahren wegen versuchten Betruges am Hals haben. Die Gegenprüfung von Angaben zu sog. wertbildenden Faktoren (Kfz-Alter, Laufleistung, Vorschäden, Art der Reparatur der Vorschäden, Anzahl der Vorbesitzer etc.) gehört zum Standardrepertoire der Schadenbearbeiter der Versicherungen. Hierzu werden gespeicherte Daten aus anderen Schadenfällen abgeglichen, früher eingeholte Gutachten beigezogen, Auskünfte bei Vorversicherern, Behörden, Werkstätten etc. eingeholt.

 

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