Straßenrecht: „Öffentliche“ Straße ohne Widmung?

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Verwaltungsrecht

Öffentliche Straßen sind Straßen, die nach den Vorschriften im Straßenrecht für den Verkehr gewidmet sind. Die Widmung ist ein Verwaltungsakt in Form einer Allgemeinverfügung. Die Zuständigkeit für die Widmung ist in den jeweiligen Straßengesetzen der Länder geregelt. Für Ortsstraßen und sonstige Straßen ist für die Widmung die Gemeinde zuständig (für Sachsen: § 6 SächsStrG).

Wegen der tief greifenden Auswirkungen der Widmung ist es notwendig, das Risiko der Unvollständigkeit einer Widmung zugunsten der betroffenen Grundstückseigentümer zu begrenzen. Daher erfasst die Widmung grundsätzlich nur diejenigen Grundstücke, deren Flurnummern in der Widmungsverfügung ausdrücklich aufgeführt sind. Eine stillschweigende Widmung ist ausgeschlossen.

Eine Ausnahme von dem Grundsatz, das Straßen durch Widmung „öffentlich“ werden, sieht das Straßenrecht in Überleitungsvorschriften der Ländergesetze vor. Für Sachsen bestimmt das Sächsische Straßengesetz, dass die Straßen, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Sächsischen Straßengesetzes der öffentlichen Nutzung dienten, öffentliche Straßen nach dem Straßengesetz sind (§ 53 SächsStrG).

Bei der Bewertung, ob eine Straße – ohne förmlich gewidmet worden zu sein – eine öffentliche Straße ist, wird allein darauf abgestellt, ob zum maßgebenden Zeitpunkt am 16.02.1993 der Weg oder die Straße tatsächlich dem öffentlichen Verkehr diente.

Das hatte zuletzt das Sächsische Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 15.01.2001 (Az. 1 B 636/00) klargestellt. Wird danach ein Weg nur als Erschließungsweg für Anlieger genutzt, liegt darin typischerweise gerade kein Gemeingebrauch durch die Öffentlichkeit. Ein Weg, der wenigen Anliegern (maximal zehn Grundstücke) erschließt und dem die Zugehörigkeit zum innerörtlichen Wegesystem fehlt (Sackgasse), ist eine öffentliche Nutzung abzusprechen.

Hat ein privater Wegeeigentümer zum maßgeblichen Zeitpunkt eine Nutzung der Wegefläche durch eine Absperrung für die Allgemeinheit wirksam verhindert, liegt kein Gemeingebrauch vor. Die Öffentlichkeit des Weges muss gegebenenfalls durch Widmung neu begründet werden.

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RA Zunft

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